Segeltörn einhand von Berlin nach Haparanda und zurück

SY: JANICA (Emka 29)
Vom 18. Juli bis 20. August 2018 = 34 Tage (2.246 sm)
Reiseroute: Berlin – Swinemünde – Mariehamn – Haparanda – Sundsvall – Swinemünde - Berlin
Skipper: Thomas Rosche

2018 haparanda karte

Abgelegt in Berlin Spandau habe ich am 18. Juli. Nach zwei langen Tagen Motorfahrt mit gelegtem Mast selbigen in Stettin gestellt, leider wegen ungünstigen Windes einen weiteren Tag nach Swinemünde motort. Am 21. Juli begann die eigentliche Seereise. Um die neu installierten Systeme wie Pinnenpilot und Solaranlage unter Seebedingungen zunächst auszuprobieren, einen Tag Küstensegeln bis Kolberg mit hohen Wellen und viel Bewegung im Boot. Vorbei die Zeiten, wo man in dem damals brandneu errichteten Hafen sich den Liegeplatz aussuchen konnte. Trotz Erweiterung alles total überfüllt. Ich war froh, am nächsten Morgen den Trubel hinter mich zu bringen und mit Generalkurs Nord auszulaufen.

 

Der erste Fahrtabschnitt nonstop von Kolberg bis Mariehamn auf den Alands mit 7 Tagen Dauer und rund 450 sm war geprägt von zu schwachem und unstetigem Wind aus wechselnden Richtungen. Keine guten Bedingungen. Hinzu kam, dass ich die Verkehrstrennungszonen und Tiefwasserstraßen vor der polnischen Küste und südlich Öland jeweils nachts zu queren hatte, was in zwei aufeinanderfolgenden Nächten Schlaf kaum zuließ. Mehrmals absolute Windstille bei noch deutlicher Dünung. Das Boot steht und beginnt stark zu rollen. Die Segel müssen geborgen werden, weil sie sonst Schaden nehmen würden. Das Rollen verstärkt sich dadurch noch. Schließlich kann ich mich kaum noch auf dem Boot halten – kein Zustand. Obwohl ich mir vorgenommen hatte, die Reise so weit wie möglich ohne Einsatz der Maschine zu machen, muss diese jetzt immer mal wieder für einige Stunden rann. Nicht um vorwärts zu kommen, sondern um mit Drehzahl von knapp über Leerlauf und 1,5 bis 2 Knoten Fahrt im Schiff das Boot zu stabilisieren und dem Pinnenpiloten eine Chance zu geben. Die Etmale sind entsprechend: durchschnittlich um die 70 Meilen, am 25.Juli sogar nur 40 Meilen. Das ist ein Durchschnitt von 1,7 Knoten! Allerdings hat diese hochsommerliche Wetterlage auch ihre positiven Seiten. Leben auf ebenem Kiel mit ganz gemächlichem Karibikfeeling. Nur mit Short oder auch ohne – Beobachter tauchen am gesamten Horizont nicht auf – kann eine komfortable Bordroutine mit ausgedehnten warmen Mahlzeiten, lesen und Zelebrierung der stets spektakulären Sonnenuntergänge mit einem oder auch zwei Glas Rotwein gelebt werden. Und auf der Strecke zwischen Öland und Gotland hatte ich sogar über Stunden ein Mobilfunknetz, so dass ich auch den Kommunikationsbedarf durch lange Telefonate mit Ehefrau und Kindern stillen konnte.

Das Erwachen war dann heftig: etwa auf der Höhe von Stockholm, ca. 25 sm seewärts des Beginns des Schärengartens, traf ich gegen Mittag auf Starkwind 6-7 genau gegenan. Ich wurde ins 2. Reff und 2/3 eingerollte Rollgenua gezwungen. Bei dieser Besegelung läuft man ohnehin kaum noch Höhe, die erstaunlich hohe und raue See taten durch Versatz des Bootes ihr übriges. Nach einem halben Tag Kampf gegenan die Feststellung, kaum Raum zum Ziel gewonnen zu haben. Also wieder seewärts gewendet, um in der Dunkelheit vom Schärengarten frei zu sein und das Boot beigelegt. Damit konnte ich zwar die harten Schläge abmildern, weil das Boot nicht mehr durch die Wellen musste, ein ruhiges Liegen war aber nicht zu erreichen. Das Boot rollte so stark, dass ein Verbleib unter Deck nicht möglich war. Nach 5 Minuten wurde mir speiübel. Also in den Windschutz der Sprayhood gehockt und die halbe Nacht abgewartet. Gedanken, warum man sich das antut, kommen auf. Und dann geht der Wind auf 4-5 zurück und dreht so, dass die Alands hoch am Wind angelegt werden können. Mit ordentlich Fahrt und bei weiter nachlassendem Wind im Laufe des Vormittags in mehreren Schritten ausgerefft und mittags in Mariehamn festgemacht. Am Körper mehrere blaue und grüne Flecken. Seebeine waren mir in den Zeiten des leichten Windes noch nicht wirklich gewachsen und entsprechend oft musste ich dann bei dem stoßenden und bockenden Boot Bekanntschaft mit Ecken und Kanten machen. Aber nach einem Tag Pause im Hafen sind die Kampfgeister zurück. Also weiter nach Norden.

Der zweite Fahrtabschnitt nonstop von Mariehamn nach Haparanda war über 416 sm und dauerte 5 Tage. Am ersten Tag durchsegelte ich das Archipel um zumindest einen kleinen Eindruck zu erhaschen und um auf der Nordostseite wieder ins freie Wasser zu kommen, was auch mit letztem Licht erreicht wurde. Nach einem weiteren Tag stand – natürlich wieder in der Nacht – die Durchfahrt der Eustra Kvarken, also der Taille des Bottnischen Meerbusens an. Kein Schlaf wegen Navigation und erhöhtem Schiffsaufkommen. Dann direkten Kurs auf Haparanda , was mich ziemlich in die Mitte zwischen finnischer und schwedischer Küste brachte. Dort absolute Einsamkeit, nur einen Frachter am Horizont und 2 Robben in der Nähe beobachtet. Der Wind war ostseetypisch nicht konstant und schwankte zwischen 0 und 5, kam aber immer aus südlichen Richtungen. Relativ entspanntes Segeln auf raumen Kursen. In den Nächten wird es jetzt nicht mehr dunkel, der fünfundsechzigste Breitengrad wird am frühen 3. August überquert. Am gleichen Tag durch den ausgedehnten vorgelagerten Schärengarten mit anspruchsvoller Navigation, um 23.45 Uhr bin ich in Haparanda fest. Es ist so hell, dass ich das Ankunftsfoto ohne Fremdlicht machen kann.

 2018 haparanda haus aussen

Ich liege ganz allein am großen Gästesteg, erst am nächsten Tag kommt ein Paar mit einer kleinen Etap. Deutsche, ausgewandert nach Nordschweden. Deutschland sei zu voll und reglementiert. Sie sind von der Hohen Küste, ihrem Wohnort, in 8 Wochen die Küste hinaufgefahren und trailern das Boot nun zurück. Beide sind sehr nett und nach einer knappen Woche Schweigen sprudelt es nur so aus mir heraus. Gesprächstherapie, sagen sie als ich mich dafür entschuldige. Dann natürlich den Vereinsstander im bekannten Flaggenraum des Clubheims aufgehängt. Bei der Beschriftung des Standers beim zweiten Buchstaben des Bootsnamens verschrieben, die Korrektur ist sichtbar. Ich gebe mir wegen Schlafmangel und Überdrehtheit selbst Pardon, ärgere mich aber dennoch.

 2018 haparanda haus innen

Bei der Inspektion des Riggs entdecke ich drei gebrochene Litzen der vorderen Unterwante an Steuerbord. Nicht gut, ab sofort segeln auf Backbordbug nur noch unter größtmöglicher Schonung. Und der ganze lange Rückweg liegt noch vor mir.

Am 5. August morgens sehr früh nehme ich diesen in Angriff. Es soll für kurze Zeit Nordwind geben, den gilt es zu nutzen. Bereits um 10.00 Uhr bin ich aus den Schären heraus und fahre mit gutem Wind gen Süden. Ratan soll als erste Station angelaufen werden, nach der Beschreibung eines schwedischen Nachbarn in Mariehamn eine Perle. Ab Nachmittag ist der Wind weg und ich dümpele in den Abend und in die Nacht.

2018 Haparanda Licht im Segel

Gegen Mitternacht schrecke ich in der Kajüte hoch, alles ist verändert. Sofort ins Cockpit – ein dickes Unwetter tiefschwarz und bedrohlich über mir und ringsum. Groß schnell geborgen, Fock eingerefft. Gerade rechtzeitig, Böen bis 8 und eine ganz schnell rau werdende See werden ungemütlich. Nach drei Stunden ist es vorbei, der Wind hat auf mit 5 Windstärken WSW gedreht und ich fahre hart am Wind. Kalt ist es geworden, ich weiß noch nicht, dass ich die nächsten knapp zwei Wochen nicht mehr aus mehreren Lagen Vlies und Wollmütze herauskommen werde. Es frischt im Laufe des Vormittags nochmal auf 6 auf, unter Landschutz mit kleinster Besegelung und Höchstgeschwindigkeit wird um 14.00 Uhr Ratan erreicht. Ich bin heilfroh. Wieder einziges Boot am Gästesteg, dafür aber viele Wohnmobile.

Die nächsten Tage wurden eine harte Belastungsprobe für Boot und Besatzung. Frischer Wind mit wechselnd 4 bis 6 aus südlichen Richtungen, ständig gegenan. Der Bottensee hatte ich so hohe Wellen, die sich täglich noch steigerten, gar nicht zugetraut. Von früh morgens bis Einbruch der Dunkelheit ständiger Kampf, immer wieder grünes Wasser über Deck. Alles an der Belastungsgrenze trotz 2. Reff und halber Fock. Ständiges Festklammern, sonst kann man sich nicht halten. Kaffee oder warmes Essen – unmöglich. Unter diesen Bedingungen ziehe ich es vor, zwei Nächte im Schutz der Küste zu verbringen. Ziehe irgendwo in den Schären der schwedischen Küste unter, in Norbyskar an einem verlassenen Steg und in Grisselön an einer Boje vor einem unbewohnten Ferienhaus. Schnell eine Dose warmgemacht, aus dem Topf verschlungen und in Tiefschlaf gefallen. Sehr kräfteraubend und trotz beachtlicher gesegelter Strecke wenig Raumgewinn Richtung Heimat.

Bei einer Wende im Starkwind löst sich der Achtknoten der Luvschot und rauscht aus. Fällt ins Wasser, während ich die Leeschot dichthole. Der im Leerlauf mitdrehende Propeller, sonst eigentlich immer durch eingelegten Rückwärtsgang gesperrt, fängt die schwimmende Schot und wickelt sie ein. Durch zwei kleine Unaufmerksamkeiten schlagartig unter Segeln nur noch eingeschränkt und unter Maschine gar nicht manövrierfähig. Insbesondere der Umstand, die Fock bei Bedarf nicht verkleinern zu können, ist nicht tolerabel. Immer an zwei Punkten eingepickt auf dem Bauch kriechend aufs Vorschiff, mehrere Wellen dringen in den Kragen des Ölzeugs ein und sammeln sich in den Stiefeln. Unklare Schot gekappt und Ersatzschot eingebunden. Dann kriechend zurück, geschafft. Unter Segeln wieder voll manövrierfähig. Die gekappte Schot zieht wie eine Seeschlange hinter dem Boot her.

Am Abend wird es etwas moderater. Beide Segel geborgen, ausgezogen, Tau um den Bauch gebunden und mich etwas gegruselt, so mutterseelenallein ohne Landsicht ins Wasser zu müssen. Die negativen Gedanken weggeschoben und mit Taucherbrille ins Wasser. Aufpassen, dass der stampfende Rumpf nicht den Kopf trifft, also gleich runter zum Propeller. Die 3 oder 4 Wicklungen sind ganz lose und lassen sich mit zweimal tauchen ohne Probleme ausdrehen. Zurück im Cockpit stelle ich fest, dass ich durch das Antifouling überall schwarz bin.

Ich bleibe über Nacht auf See und schaffe die Strecke bis Sundsvall, 130 sm ständig gegenan. Dort nimmt mich ein Segelverein unter die Fittiche. Es gibt zwar keine Sanitäranlage, aber Wasser und Strom, die Annahme von Bezahlung wird abgelehnt. Dort ist auch ein Lebensmittelgeschäft und ich kann einen dringenden Einkauf tätigen: Kaffee, mein Lebenselixier, drohte auszugehen.

Es festigt sich der Eindruck, dass der Bottnische Meerbusen mich nicht wieder hergeben will. Umso mehr hoffe ich auf ein angesagtes Sturmtief aus Norden. Das muss ich nutzen! Es ist die Chance, endlich aus der Bottensee herauszukommen und damit auch mal auf andere Windrichtungen hoffen zu können. Und der Wind käme ja raum, ich könnte ja nur mit Vorsegel, beliebig verkleinerbar, fahren. Alles besser als weiter gegenan gegen diese See endlos kämpfen zu müssen. Also los.

Spät um 10.00 Uhr mit frischem Wind aus westlichen Richtungen abgelegt und mit dem günstigen Wind zügig aus dem ausgedehnten Sund herausgesegelt. Am Nachmittag die Enttäuschung, Wind schläft ein und wird umlaufend, schließlich steht das Boot. Gleichzeitig eine Sturmwarnung von Stockholm Radio über Funk, aber da ist es zu spät, ich bin viel zu weit von der Küste entfernt, um unter diesen Bedingungen zurückkehren zu können. Um 03.00 Uhr ist es soweit: Wind aus Nord in Stärke 5 setzt ein. Ich komme aus dem Reffen nicht heraus: 1. Reff, 2. Reff, Großsegel geborgen, Arbeitsfock bereits halb eingerollt. Um 03.30 ist der Pinnenpilot überfordert. Letzte Vorbereitungen: schweres Ölzeug, Stiefel, kurze Überlegung ob ein oder zwei Lagen Vlies und dann kämpfe ich die nächsten 6 Stunden mit einem ausgewachsenen Sturm. Der Windmesser pendelt zwischen 8 und 9, mit viel zu langen Böen Stärke 10. Die bereits schon sehr raue See wird nun wirklich bedrohlich. Solche Wellen in der Ostsee – unmöglich. Wer das erlebt, wundert sich nicht mehr über das abgerissene Bugvisier der Estonia. Besegelung bis auf Sturmfockgröße, das Boot ist fast nicht mehr zu kontrollieren. Ablaufen schräg zur Welle, aber wie die Richtung halbwegs halten? Es ist stockdunkel, die Kompassbeleuchtung ist zu schwach um durch meine vollgespritzte Brille etwas zu erkennen. Ein kleiner Lichtfleck am Horizont, dort wo Stunden später die Sonne aufgehen wird, ist der Anhaltspunkt. Diesen Fleck über der linken Schulter halten, dann passt es halbwegs. Als es heller wird sehe ich am Kompass, dass für ein Herauskommen aus dieser Situation das Boot in einem Winkel zwischen 150 und 210 Grad gehalten werden muss. Bei 150 Grad kommen wir zu quer und sofort steigen Wellen ein und die nächste Welle droht das Boot querzuschlagen. Das hätte das Rigg schwerlich überlebt. Bei 210 Grad kommt die winzige Restfock back. Jedes Mal, wenn das passierte, erwartete ich beim Rückholen, dass die Fock sich mit einem großen Knall verabschiedet. Die letzten drei Stunden schüttete es wie aus Eimern. Das Steckschott war wegen der vorher schon immer rauen See und meinem hohen Brückendeck gut gestaut, ich hätte etwa 20 Sekunden gebraucht, es zu holen und einzusetzen. Diese Zeit hatte ich nicht ansatzweise, beide Hände an der Pinne und ständig mit voller Kraft steuernd. Also zusehen, wie der Regen durch den achterlichen Sturm ungehindert in die Kajüte schlägt.

2018 Haparanda Schlechtwetter

Um 09.30 Uhr war es vorbei. Der Wind ging ganz plötzlich auf 4 zurück, der starke Regen beruhigte die See schneller als gewohnt.. Über einen sehr langen Zeitraum hatte ich nicht daran geglaubt, das Boot heil aus dieser Situation bringen zu können. Den Pinnenpilot aktiviert, eine Fischkonserve verschlungen und dann trockene Sachen angezogen. Ich war durchnässt bis auf die Haut und völlig ausgekühlt. Den ganzen Nachmittag über abwechselnd geschlafen und versucht, die feuchte Höhle unter Deck wieder in einen Salon zu verwandeln.

Mit Beginn der Dunkelheit muss ich durch die Södra Kvarken. Wieder zwingen Navigation und vor allem der starke Schiffsverkehr zum Schlafverzicht. Entschädigung durch raumen Wind Stärke 4 und einen atemberaubenden Sternenhimmel, und dann ist auch noch die Nacht des Perseidenstroms mit seinen unzähligen Sternschnuppen – unvergesslich.

Morgens bei noch immer günstigem Wind den Kurs auf Gotland abgesteckt, leider nimmt der Wind aber ab und gegen Mitternacht steht das Boot mal wieder. Ich nutze die ruhige Nacht, um ordentlich Schlafdefizit abzubauen.

2018 Haparanda Sonnenuntergang

Die nächsten Tage bringen guten Segelwind aus wechselnden Richtungen, leider ist es grau und nieselig, das drückt auf die Stimmung. Aber die Etmale sind jetzt immer deutlich über 100 sm. In den Nächten ist der Wind generell unstet, ich komme mit dem Reffen und Ausreffen kaum noch nach.

Dann stehe ich an der Südspitze Ölands. Das Verkehrsreiche VTG dort schaffe ich mit letztem Licht. Die kürzeste Strecke nach Swinemünde wäre die Richtung Bornholm. Eine Winddrehung macht dies unmöglich, also gegenan Richtung polnische Küste. Kann zunächst noch hoch am Wind Kolberg angelegt werden, dreht der Wind immer weiter und so kann nur die Gegend um Leba erreicht werden. Hoffnung macht aber eine vorhergesagte Winddrehung nach Ost. Damit könnte man dann die polnische Küste Richtung Westen entlangsegeln. Also zunächst Kurs Leba. Der Wind ist in der Nacht wieder frisch, die See ist rau. Wieder gegenan unter diesen miesen Bedingungen. 2. Reff und Fock halb eingerollt. In der Nacht auf einer Tiefwasserstrasse viel Verkehr, überall Lichter. Ein Schiff kommt von schräg achtern backbord auf. Durch die schrägen Kurse und Dunkelheit lange Unsicherheit, dann die Erkenntnis: das passt nicht! Normalerweise mache ich den Großen immer Platz, aber ich kämpfte um jeden Meter Höhe und wollte nach Möglichkeit daran nichts ändern. Also erstmals im Leben per UKW ein Schiff angesprochen. Bereits der erste Anruf bringt Antwort und gute Wünsche zur sicheren Heimkehr. Ich stelle mir lebhaft vor, dass auf der Brücke beim Anblick dieses kleinen Bootes mit kleinster Besegelung, gegenan in der dunklen See durch die hohen Wellen kämpfend, das pure Mitleid geherrscht haben wird.

Am nächsten Tag gegen Mittag wende ich vor der polnischen Küste, um mich aus dem Verkehrstrennungsgebiet und den dortigen Schießgebieten herauszuhalten. Und die angesagte Winddrehung kommt tatsächlich und ich ziehe den Resttag und die Nacht, in dem Bewusstsein, dass es wohl die letzte auf See sein wird, entlang der polnischen Küste nach Westen. In Sichtweite von Swinemünde schläft der Wind ein. Nun bin ich es aber leid und fahre die letzten beiden Stunden unter Maschine. Am 17. August um 13.30 Uhr bin ich in Swinemünde fest. Seit Sundsvall waren das 690 sm nonstop und insgesamt auf der Ostsee 1992 sm in 27 Tagen.

Die nächsten drei Tage das Übliche: weiter bis Stettin, dort Mastlegen und zwei Tage Binnenfahrt. Am 20. August nachmittags lag das Boot wieder auf seinem Liegeplatz in der Seglervereinigung Unterhavel.

Warum ich mir das angetan habe?

Wollte ich unbedingt Haparanda kennenlernen? Nein, mir war bekannt, dass es dort nicht wirklich etwas zu sehen gibt. Weil ich rekordsüchtig bin? Erst recht nicht, mit einer betagten Emka 29 Bj. 1982 sind keine Rekorde aufzustellen. Aber warum dann? Vermutlich das Streben nach seglerischer Weiterentwicklung. Viele Jahre mit Ehefrau klassische Küstensegelei von Hafen zu Hafen als Tagestörns. 2012 dann einhand die erste Nachtfahrt, vor Aufregung noch ohne jeden Schlaf. Auf späteren Nachtfahrten die Erfahrung, dass ich bei entsprechender Einteilung durchaus in kurzen Intervallen genug Schlaf bekommen kann, um praktisch unbegrenzt durchfahren zu können. Damit werden die zu erreichenden Ziele fast grenzenlos. Und das wollte ich auszuprobieren, zumindest in den natürlichen Grenzen meines Hausreviers, der Ostsee. Besser so als von der Atlantiküberquerung nur zu träumen.

 

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